„Bei mir stand auch der politische Katholizismus zu Gericht. Mein Vater
Zentrumsabgeordneter, die Brüder meiner Mutter Jesuiten, eine Schwester im Kloster Berlaymont,
meine Erziehung in der weltbekannten Stella matutina”, so interpretierte Franz Gabriel
Virnich seine Haftstrafe von zehn Jahren Zuchthaus in einem Brief an seine jüngere Schwester Maria
Rafaele, als er 1942 vom Volksgerichtshof in Berlin verurteilt worden war.
In Bonn geboren, in der Münsterkirche getauft, war Virnich durch und durch Bonner, auch wenn er im österreichischen Feldkirch bei den Jesuiten das Gymnasium besuchte und das Abitur in Saarlouis ablegte. Jura hatte er in München und Bonn studiert, bevor er zunächst am Amtsgericht Dülken, später am Landgericht Mönchengladbach als Referendar tätig war. Seine Gegnerschaft zur Ideologie des Nationalsozialismus war ihm von Anfang an unzweifelhaft klar. Die Familie, die in der Bonner Lennéstraße 5 wohnte, besaß eine Sommerwohnung in Königswinter, wo die Nazis bereits 1934 hinter ihm her waren, weil er im Besitz einer Parodie auf das bekannte Horst-Wessel- Lied gewesen war. Eilends floh Virnich 1934 in die benachbarten Niederlande, wo er auf Schloß Wynandsrade bei Franziskaner-Minoriten lehrte. Doch 1940 entdeckten die Nazis sein Versteck, schleppten ihn in das Gestapogefängnis nach Bonn und brachten ihn schließlich nach Berlin-Moabit. Der Anklageschrift zufolge soll er Volksverrat begangen, ferner unwahre Behauptungen über Deutschland im Ausland und Lügen verbreitet haben. Doch die wahren Gründe waren andere! Die Strafe wurde für den völlig Abgemagerten zu einer „schleichenden Hinrichtung”, denn schon am 5. April 1943 starb er im Zuchthaus Brandenburg-Görden, angeblich an Pneumonie. Vor allem die Katholische Deutsche Studentenvereinigung Staufia in Bonn hält sein Andenken bis in unsere Zeit wach. |