Politischer Katholizismus -
katholische Interessen vertreten
Staatlichen Vorgaben zu widerstehen, hatten die Kölner Katholiken durch ihre Erzbischöfe in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelernt. Um sich Gehör gegenüber dem Staat zu verschaffen, schlossen sich die Katholiken zunehmend zu Vereinen zusammen.
Dass Katholiken die katholischen Interessen vertreten sollten und dafür alle staatlich eröffneten Möglichkeiten nutzen können, regte der Mainzer Erzbischof Wilhelm Emmanuel Freiherr von Ketteler in seiner Schrift „Freiheit, Autorität und Kirche" (1862) an.
Politischen Einfluss haben
In der Frankfurter Nationalversammlung saß 1848 der Priester und spätere Kölner Erzbischof Paulus Melchers. Wie er, so engagierten sich damals viele Katholiken in der Politik. Ihr Anliegen war, Politik aus katholischer Einstellung heraus zu machen, und ihr Ziel, staatliche Zugriffe auf die Kirche zu mindern.
Die katholischen Abgeordneten verbanden sich zunächst nur locker, um katholische Interessen in den Parlamenten zu vertreten. Eine erste feste Fraktion existierte zwischen 1852 und 1867 im Preußischen Landtag. Sie legte einen Grundstein für die Deutsche Zentrumspartei.
Eine katholische Stimme in der Politik
Noch vor dem ‚Kulturkampf' sahen katholische Politiker die Notwendigkeit, sich in einer Partei zu organisieren. Sie gründeten 1870 die Zentrumspartei, die somit zu den ältesten der deutschen Parteien zählt.
Kölner bei der Parteigründung
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten die Brüder August (*1808 – †1895) und Peter Reichensperger (*1810 – †1892). Beide waren seit 1848 in der Frankfurter Nationalversammlung. Auch der Jurist und Publizist Julius Bachem (*1845 – †1918) beteiligte sich an der Zentrumsgründung.
August Reichensperger arbeitete beruflich in Köln, war hier u.a. Mitbegründer des Zentral- Dombauvereins. Julius Bachem fungierte als Rechtsbeistand des verhafteten Kölner Erzbischofs Melchers. Bachem machte mit anderen die ‚Kölnische Volkszeitung' zur Zeitung der Zentrumspartei.
Alle drei Politiker gehörten einer liberalen Richtung des politischen Katholizismus an. Sie suchten einen Ausgleich zwischen den Katholiken und den Interessen des preußischen Staates, der sich liberal und protestantisch geprägt zeigte. Es ging um die Gleichberechtigung von Katholiken in Gesellschaft, Verwaltung, Militär und an den Universitäten.