Glocken im Erzbistum Köln

Geleitwort von Joachim Kardinal Meisner

Kirchenkritiker sehen in den Glocken auf den Türmen unserer Kirchen einen frommen Luxus, den man sich angesichts der Armut in der Welt nicht leisten sollte. In Wirklichkeit erfüllen unsere Glocken einen wichtigen Dienst. Sie sind nämlich die Verstärkung der Stimme eines Rufers in der Wüste der Welt (vgl. Mt 3,3) zu unserem Heil, wie es im Evangelium heißt. Ob wir eine solche Stimme innerhalb des Stimmengewirrs unserer Zeit noch brauchen, ist eine Frage, die längst beantwortet ist. Unsere Welt ist voller Mikrophone und Megaphone. Je lauter es bei uns wird, desto mehr steht der Mensch in Gefahr, sein Gehör zu verlieren. Und wenn der Mensch nicht mehr hört, weiß er auch nicht mehr, zu wem er gehört und wohin er gehört, dann ist er jedem ideologischen Rattenfänger ausgeliefert. Alle Menschheitsverführer haben ihr schauriges Werk immer damit begonnen, den Menschen das Gehör zu nehmen. Nicht von ungefähr wurde in den osteuropäischen Diktaturen des realexistierenden Sozialismus das Glockengeläut am Sonntag durch die Parteipropaganda der Straßenlautsprecher mit Marschmusik und sozialistischen Parolen abgelöst. Was waren das für traurige Sonntage, schlimmer als die Fabriksirenen am Wochentag!

Gott hat zum Menschen gesprochen, und dieses Wort ist für den Menschen heilsnotwendig. Daher hat es auch den Klang der Glocke zugunsten der Menschen für sich in Anspruch genommen. Wie Johannes der Täufer sich versteht als eine Stimme des Rufers in der Wüste, so macht die Glocke nicht Reklame, sondern dient dem Menschen indem sie ihm durch ihren Klang sagt: „Du bist noch für anderes da, als für das, was deinen Alltag ausmacht. Dein Leben bekommt seinen Glanz, seinen Sinn und seine Würde durch das, wozu die Glocke dich ruft.“ Wir werden nicht gerufen durch eine Fabriksirene, sondern durch den Wohlklang einer Glocke. Über dreieinhalbtausend Glocken im Erzbistum Köln helfen in dienender Funktion mit, dass Menschen zu Gott und zu den Gottesdiensten gerufen werden. Das Phänomen des Glockenklanges ist mit keinem anderen Musikinstrument vergleichbar und ist seit alter Zeit deswegen würdig, diesen wichtigen , ehernen Dienst in der Kirche zu übernehmen. Darüber hinaus hilft das Glockengeläut den Menschen zum Lobpreis Gottes.


Es verstärkt gleichsam die menschliche Stimme, um Gott Danksagung, Anbetung und Lobpreis entgegenzubringen. Das vorliegende Buch (Glocken und Geläute im Erzbistum Köln jetzt in erweiterter Form im Internet) will dazu beitragen, dass immer mehr Menschen sich über das Klangspektrum informieren können, damit das „sursum corda“ der Glocken sie gleichsam mitnehme in die Nähe Gottes. Glockenfachleute, denen der Umgang mit unseren Glocken eine Selbst= verständlichkeit geworden ist, weisen uns Wege, die Wirklichkeit der Glocken und ihres Dienstes näher zu begreifen und zu verstehen. Segen und Friede, Freude und Hoffnung sollen vom regelmäßigen Glockenläuten ausgehen. Davon haben ganze Generationen vor uns gelebt und Zuversicht für die Bewältigung ihres Alltags gefunden. Das ist heute genauso notwendig wie früher. Gebe Gott, dass unsere Glocken nie mehr missbraucht werden, indem man sie aus ihren Türmen holt, um aus ihnen Kanonen und Bomben zu gießen.  Die Glocke ist ein Instrument des Friedens und nicht des Krieges.

 

Köln, im Oktober 2000

 

+Joachim Card. Meisner
em. Erzbischof von Köln

 

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