Joseph Kardinal Höffner

Massive Veränderungen -
gesellschaftliche Bewegungen und Reaktionen der Glaubenden

Kurz vor dem Amtsantritt Joseph Höffners als Erzbischof von Köln endete das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965). Das Konzil hatte eine Aufbruchstimmung in die katholische Kirche gebracht: Die Kirche – gemeint waren alle Gläubigen – sah sich in die Welt gestellt als Gottesvolk, das unterwegs ist, und von Gott beauftragt, Gottes Heil allen Menschen zu verkünden.

Damit war die katholische Kirche auf starke Weise in die Geschehnisse der Welt eingebunden, und von den Welt-Ereignissen waren alle Gläubigen betroffen.

Veränderungen für jeden

In den 60er Jahren begann jener gravierende gesellschaftliche Veränderungsprozess, der Autoritäten, Strukturen, individuelle Haltungen in Frage stellte. Er wirkte auf jeden Gläubigen – als Mitglied der Gesellschaft und als Mitglied der Kirche.

Misstrauen und Gewalt

Die verdrängte NS-Vergangenheit bzw. die Verstrickung der Eltern-Generation in der NS-Zeit sorgte damals bei den Töchtern und Söhnen für einen Autoritäts- und Vertrauensverlust der Eltern-Generation. Die 68er-Bewegung fand hierin ihren Anfang.

Die „Baader-Meinhof-Bande" oder „Rote Armee Fraktion" bekämpfte mit Terror den Staat und ermordete Menschen. Als mögliches Anschlagsopfer hatte sich die RAF auch Joseph Kardinal Höffner ausgesucht.

Gläubige und Kirche, Bürger und Gesellschaft mussten ihre Positionen zu Staat und Recht, zu politischer Aktivität und zum Gemeinwesen neu finden.

Internationale Konflikte

Der Schrecken des Kalten Krieges zwischen Ost und West – u.a. mit der Kuba-Krise (1962) und dem Vietnamkrieg (1965-75) – und die zunehmend wachsende Friedensbewegung (zum Beispiel die Ostermärsche) prägten die Einstellungen der Menschen in den vergangenen Jahrzehnten und sorgten auch in der katholischen Kirche für vielfältige Auseinandersetzungen über Frieden, Krieg und Verteidigung.

Gesellschaftliche Fragen

Die Gesellschaft beschäftigten damals zahlreiche Fragen, unter anderem die Rolle der Frau in der Gesellschaft.

Die Eingebundenheit einer Gesellschaft in die weltweite Wirtschaft fand gerade bei den evangelischen und katholischen Christen eine Antwort: Mit großem Engagement wurde eine Dritte Welt-Arbeit aufgebaut, die sich für angemessene Warenpreise und ausreichende Erzeuger-Löhne einsetzte.

Kirchlicher Einspruch

Während der zunehmenden Debatte um die Empfängnisverhütung durch die neu entwickelte Anti-Baby-Pille schrieb Papst Paul VI. die Enzyklika ‚Humanae Vitae' (1968). Die persönliche Einstellung der Katholiken wurde auf eine Probe gestellt; und die gemeinsam zu tragende, zu verantwortende und zu lebende Kirchen-Entscheidung des Papstes war eine große Anforderung an alle Katholiken. Die deutschen Bischöfe suchten nach Möglichkeiten, die Enzyklika pastoral aufzugreifen und von den Christen die verantwortliche Gewissensentscheidung einzufordern.

Fragen im Wandel der Zeit

Einige Fragen der damaligen Zeit, wie die nach dem Ost-West-Konflikt, sind durch die geschichtliche Entwicklung überholt. In anderen Fragen, wie der Ökumene zwischen den Christen, ist die Kirche auf dem Weg zur Lösung ein Stück weitergekommen, hat aber auch immer wieder Rückschläge hinnehmen müssen. Viele Fragen, wie die nach der Rolle der Frau in der Kirche, werden immer noch kontrovers diskutiert. Inzwischen fordern neue Fragen die Christen heraus, wie die nach dem Verhältnis der Christen zu den Muslimen oder den Konsequenzen der Globalisierung der Welt.

Zitat:

„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi."

(Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium et spes", 1965, Art. 1)